Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters gegen Abfindung ist keine gemeinschaftliche Anschaffung des GbR-Vermögens durch die verbleibenden …

Scheidet der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegen Zahlung einer Abfindung aus der GbR aus und veräußert die GbR später die zum GbR-Vermögen gehörende Immobilie mit Gewinn, so handelt es sich nicht um einen gemeinschaftlich erzielten Spekulationsgewinn. Denn dieser setzt voraus, dass sowohl die Anschaffung als auch die Veräußerung des Wirtschaftsguts gemeinschaftlich erfolgt ist; das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung führt aber auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter zu einer sog. Anwachsung, die jeder Gesellschafter einzeln verwirklicht.

Hintergrund

Einkünfte einer Personengesellschaft werden einheitlich und gesondert festgestellt. In diesem Bescheid wird u.a. die Höhe der Einkünfte und die Verteilung auf die einzelnen Gesellschafter festgestellt. Die Versteuerung der Einkünfte erfolgt dann erst im Einkommensteuerbescheid des jeweiligen Gesellschafters.

Sachverhalt

Es ging um eine GbR, an der ursprünglich A, B, C und D beteiligt waren und die seit 1995 drei Immobilien vermietete. Noch 1995 schied der A aus und übertrug seine Beteiligung auf seine Söhne F und G, behielt sich aber einen Nießbrauch vor. Seit 2000 hielt die GbR nur noch eine Immobilie. Im Jahr 2006 wurde der Gesellschaftsanteil des B gepfändet. Dies führte nach dem Gesellschaftsvertrag dazu, dass B aus der GbR ausschied und eine Abfindung von ca. 755.000 € erhielt. Im Streitjahr 2007 verkaufte die GbR ihre dritte und letzte Immobilie zu einem Kaufpreis von 5,6 Mio. €; anschließend wurde die GbR aufgelöst. Das Finanzamt ging von einem Spekulationsgewinn aus; als Anschaffung sah es den Erwerb des Anteils des im Jahr 2006 ausgeschiedenen B durch die verbleibenden Gesellschafter an und als Veräußerung den Verkauf der Immobilie im Jahr 2007. Den Gewinn ermittelte es wie folgt: Es setzte ein Viertel des Veräußerungserlöses von 5,6 Mio. € an, d.h. 1.400.000 €, und zog hiervon die Abfindung in Höhe von 755.000 € ab, die es aber um die Abschreibung auf das Gebäude für 2006 und 2007 von zusammen ca. 18.000 € minderte. Dies führte zu einem Spekulationsgewinn in Höhe von ca. 663.000 €, den das Finanzamt einheitlich und gesondert feststellte und jeweils zu einem Drittel den Gesellschaftern C und D sowie dem nießbrauchsberechtigten A zurechnete.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage der GbR statt:

  • Zwar kann eine GbR einen Spekulationsgewinn erzielen, wenn sie eine Immobilie innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren kauft und mit Gewinn veräußert. Ein solcher Spekulationsgewinn entsteht auch dann, wenn die Gesellschafter ihre Anteile an- oder verkaufen. Denn bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wird der Anteilsankauf oder -verkauf wie ein anteiliger An- oder Verkauf der Immobilie behandelt.
  • Im Streitfall gab es aber keine gemeinschaftliche Anschaffung der Immobilie innerhalb der zehn Jahre vor der Veräußerung. Die Immobilie war bereits im Jahr 1995 erworben worden. Das Ausscheiden des B im Jahr 2006 stellte keine gemeinschaftliche Anschaffung durch die Gesellschafter C, D, F und G dar. Denn das Ausscheiden führte nur zu einer sog. Anwachsung des Gesellschaftsanteils des ausgeschiedenen B auf die verbliebenen Gesellschafter. Eine solche Anwachsung erfolgt aber gesellschafterbezogen und nicht gemeinschaftlich. Daher war es nicht rechtmäßig, von einem gemeinschaftlich erzielten Spekulationsgewinn auszugehen und diesen in einer einheitlich und gesonderten Feststellung der Einkünfte festzustellen.

Hinweise

Die Klagestattgabe erfolgte aus verfahrensrechtlichen Gründen, weil ein Spekulationsgewinn nicht einheitlich und gesondert hätte festgestellt werden dürfen.
Der BFH hat aber keine Entscheidung dazu getroffen, ob die verbleibenden Gesellschafter C, D, F und G jeweils einzeln einen Spekulationsgewinn erzielt haben, der hinsichtlich des auf F und G entfallenden Anteils dem A als Nießbraucher zuzurechnen wäre. Ein solcher Spekulationsgeschäft könnte in einem anteiligen Erwerb und in einem anteiligen Verkauf der Immobilie durch die einzelnen Gesellschafter zu sehen sein, bei dem die GbR als vermögensverwaltende Personengesellschaft quasi hinweggedacht würde; denn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft wird steuerlich als „transparent“ behandelt, so dass der einzelne Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft so behandelt wird, als ob er direkt an der Immobilie beteiligt ist.
BFH, Urteil vom 19.11.2019 – IX R 24/18;

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