Ungewollte Miterben: Anfechtung der Erbschaftsausschlagung aufgrund eines beachtlichen Irrtums

03.01.2023

Hat ein Erbe die Erbschaft einmal form- und fristgerecht ausgeschlagen, kann er die sich hieraus ergebenden Folgen nur noch ändern, wenn er erfolgreich diese Ausschlagungserklärung anfechten kann. Hierfür ist erforderlich, dass der Erbe sich auf einen sogenannten "beachtlichen Irrtum" bei der Ausschlagungserklärung berufen kann. Einen solchen beachtlichen sogenannten Inhaltsirrtum hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) in einem sehr speziellen Fall angenommen.

Die Erblasserin war im November 2021 verstorben, ohne ein Testament zu hinterlassen. Aufgrund gesetzlicher Erbfolge waren der Ehemann sowie die beiden ehelichen Söhne der Erblasserin zu Miterben berufen. Darüber hinaus lebten zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch deren Eltern. Die Söhne der Erblasserin erklärten form- und fristgerecht aufgrund notariell beglaubigter Erklärung die Ausschlagung der Erbschaft. Ihnen sei es darum gegangen, dass ihr Vater Alleinerbe nach der verstorbenen Mutter werden solle. Ihnen sei dabei jedoch nicht bewusst gewesen, dass als Folge der Erbschaftsausschlagung die Großeltern ebenfalls Miterben geworden seien. Der Vorschlag zur Erbschaftsausschlagung sei durch die Notarin gemacht worden, der wiederum durchaus bekannt war, dass die Eltern der Erblasserin noch lebten. Erst durch ein späteres Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Amtsgerichts hätten die Söhne erfahren, dass der Vater aufgrund der Ausschlagung nicht Alleinerbe geworden sei.

Das OLG nahm in diesem Fall an, dass ein beachtlicher Inhaltsirrtum vorlag, da die Söhne über die Rechtsfolgen ihrer Erklärungen geirrt haben und das Rechtsgeschäft damit wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt hat. Da die Söhne ihre Erbschaftsausschlagung wirksam angefochten haben, war ein Erbschein zu erteilen, der den Vater als Miterben zu 1/2 und die beiden Söhne als Miterben zu je 1/4 auswies.

Hinweis: Trotz dieses Urteils bliebt Vorsicht geboten - der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, berechtigt in der Regel nicht zur Anfechtung, da es sich nur um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt.

Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 08.08.2022 - 3 W 59/22

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