Keine erbschaftsteuerliche Begünstigung für sog. junges Verwaltungsvermögen, das durch Umschichtung entstanden ist

Die erbschaftsteuerliche (Teil-)Befreiung für Betriebsvermögen gilt nach dem Gesetz nicht für sog. junges Verwaltungsvermögen, das sich erst seit weniger als zwei Jahren im Betriebsvermögen befindet. Zum jungen Verwaltungsvermögen gehören auch Wirtschaftsgüter, die durch Umschichtung entstanden sind, also durch Erwerb mit betrieblichen Mitteln. Der Ausschluss des jungen Verwaltungsvermögens ist nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt.

Hintergrund

Wird Betriebsvermögen vererbt oder verschenkt, bleibt es zu 85 % oder 100 % steuerfrei. Allerdings ist nicht das gesamte Betriebsvermögen begünstigt, sondern grundsätzlich nur das produktive Betriebsvermögen wie z. B. Maschinen oder Betriebsgrundstücke. Hingegen sind Wirtschaftsgüter, die auch privat genutzt werden könnten wie z. B. Bilder und Aktien, grundsätzlich nicht begünstigt, sondern gehören zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen. Nach der Erbschaftsteuerreform 2009 durfte das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50 % des gesamten Betriebsvermögens ausmachen. Das sog. junge Verwaltungsvermögen, das sich seit weniger als zwei Jahren im Betriebsvermögen befand, war aber in keinem Fall steuerlich begünstigt.

Sachverhalt

Der Kläger erhielt von seiner Mutter im Wege der Schenkung am 31.12.2012 eine Beteiligung an der B-KG. Das Finanzamt stellte den Wert der KG-Beteiligung fest und stellte zudem fest, dass ein Teil des Wertes auf sog. junges Verwaltungsvermögen entfiel. Dabei handelte es sich um Fondsanteile, die durch Umschichtung im Depot innerhalb der letzten beiden Jahre 2011 und 2012 entstanden waren. Der Kläger wandte sich gegen die Feststellung zum jungen Verwaltungsvermögen mit der Begründung, die Fondsanteile seien mit betrieblichen Mitteln angeschafft worden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Auch bei einer Schenkung – und nicht nur bei einer Erbschaft – gelten die Steuerbefreiungen von 85 % bzw. 100 % für Betriebsvermögen. Im Jahr 2012 war aber junges Verwaltungsvermögen in keinem Fall begünstigt, selbst wenn das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50 % des gesamten Betriebsvermögens ausmachte.
  • Bei den Fondsanteilen handelte es sich um junges Verwaltungsvermögen, das nicht begünstigt war. Denn die Fondsanteile wurden erst innerhalb der letzten zwei Jahre erworben und gehörten damit nicht mindestens zwei Jahre zum Betriebsvermögen der B-KG.
  • Unbeachtlich ist, dass die Fondsanteile mit betrieblichen Mitteln erworben wurden, nämlich durch Verkauf anderer Fondsanteile, die kein junges Verwaltungsvermögen darstellten, sondern sich schon länger im Betrieb befanden. Der Gesetzgeber hält junges Verwaltungsvermögen generell für schädlich und hat die Regelung nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber regeln müssen, dass zum jungen Verwaltungsvermögen nur solche Wirtschaftsgüter gehören, die innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Schenkung bzw. dem Erbfall eingelegt worden sind; dies ist aber nicht geschehen.

Hinweise

Der BFH legt den Begriff des jungen Verwaltungsvermögens wirtschaftsgutbezogen aus, prüft also für jedes einzelne Wirtschaftsgut, ob es innerhalb der letzten zwei Jahre zum Betrieb hinzugekommen ist. Eine gruppenbezogene Betrachtung legt der BFH somit ab.

Ob der Kläger für das nicht junge Verwaltungsvermögen, das sich im Betrieb der B-KG befand, steuerliche Begünstigungen erhält, hängt nach der im Jahr 2012 geltenden Rechtslage davon ab, dass das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50 % des gesamten Betriebsvermögens ausmacht.

Das Urteil betrifft die Rechtslage nach der Erbschaftsteuerreform 2009. Nach der Erbschaftsteuerreform 2016 ist grundsätzlich jedes zum Verwaltungsvermögen gehörende Wirtschaftsgut nicht mehr begünstigt; allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. Sollte eine solche Ausnahme vorliegen, darf das Verwaltungsvermögen jedoch ebenfalls – wie nach der Erbschaftsteuerreform 2009 – nicht „jung“ sein, sondern muss seit mindestens zwei Jahren zum Betriebsvermögen gehören. Das aktuelle Urteil dürfte daher auch für die neue Rechtslage gelten; der BFH hat sich hierzu aber nicht geäußert, da es um eine Schenkung aus dem Jahr 2012 ging.

BFH, Urteil vom 22.1.2020 – II R 18/18

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