Vor dem Erbfall
Sollten Sie sich nicht um Ihren Nachlass kümmern, tut dies der Staat. Ohne letztwillige Verfügung verteilt er Ihr Vermögen im Todesfall nach der sogenannten gesetzlichen Erbfolge auf Verwandte und Ehepartner. Jeder Erbfall hat zur Folge, dass sich die Hinterbliebenen ungeachtet des persönlichen Verlustes unterschiedlichster rechtlicher und steuerlicher Probleme stellen müssen. Zur Vermeidung unliebsamer Folgen für den oder die Erben und zur Durchsetzung der Wünsche des zukünftigen Erblassers ist eine sorgfältige Nachlassplanung bzw. –gestaltung durch einen Rechtsanwalt für Erbrecht unverzichtbar.
Nachfolgeplanung
Ganz gleich, welchen wirtschaftlichen Wert Ihr Nachlass hat: der individuelle Regelungsbedarf ist vielfältig und bedarf einer sorgfältigen Prüfung. So sollte zumindest geregelt sein, wer erben bzw. wer Sie beispielsweise nicht beerben soll. Falls minderjährige Kinder vorhanden sind, ist eine testamentarische Vorgabe erforderlich, in wessen Obhut die Kinder gelangen sollen, falls ihre Eltern – beispielsweise bei einem Verkehrsunfall – gemeinsam versterben. Bei einer kinderlosen Ehe oder einer Lebenspartnerschaft ist eine Absicherung des überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartners gegen die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die Eltern des Erblassers notwendig. Diese werden nicht selten übersehen.
Nachlassgestaltung
Die Gestaltungsmittel zur wirksamen Durchsetzung des “letzten Willens” sind vielseitig. So können beispielsweise bei einem gemeinsamen Testament von Ehegatten durch die Aufnahme einer sogenannten Pflichtteilsstrafklausel die gemeinsamen Kinder davor „abgeschreckt“ werden, nach dem Versterben eines Ehegatten Ansprüche gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend zu machen. Um dafür Sorge zu tragen, dass in jedem Falle nach dem Versterben des zweiten Elternteils die gemeinsamen Kinder erben, kann die sogenannte Vor- und Nacherbschaft in verschiedener Ausgestaltung vorgesehen werden. An dieser Stelle könnte die bloße Einsetzung des Ehegatten zum Erben zu kurz greifen. Durch die Aufnahme einer sogenannten Wiederverheiratungsklausel kann erreicht werden, dass der Nachlass bereits mit der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten teilweise auf die gemeinsamen Kinder übergeht, so dass ein neuer Ehegatte lediglich am Vermögen des überlebenden Ehegatten, nicht an demjenigen des zuerst verstorbenen, partizipiert.
Testamentserstellung
Für die Erstellung einer sogenannten letztwilligen Verfügung in Form eines Testamentes ist zunächst erforderlich, die Frage zu beantworten, welche Ziele durch die Nachlassgestaltung erreicht werden sollen. Darüber hinaus sollte ein Bestandsverzeichnis über die zum Zeitpunkt der Testamentserstellung vorhandenen Nachlassgegenstände bzw. eventuelles Vermögen vorliegen. Es gilt, festzulegen, welche Person(en) in welchem Umfang bedacht werden soll(en). Sollen verwandte Personen auf den sogenannten Pflichtteil reduziert oder gar vollständig enterbt werden? Sollen Vermächtnisse, beispielsweise die Verpflichtung zur Herausgabe eines bestimmten Nachlassgegenstandes an eine nahestehende Person, ausgesetzt werden? Soll die sogenannte Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft eingeschränkt werden? Wollen Sie eine Teilungsanordnung treffen, mittels derer Sie über Ihren Tod hinaus Einfluss auf die Aufteilung Ihres Nachlasses nehmen können? Wer soll Ersatzerbe sein, falls ein von Ihnen eingesetzter Erbe vor Ihnen verstirbt? Soll der von Ihnen eingesetzte Erbe vor Ansprüchen pflichtteilsberechtigter Personen geschützt werden?
Testamentsvollstreckung
Der Erblasser kann eine Person bestimmen, die nach dem Erbfall als sog. Testamentsvollstrecker fungiert. Ziel einer Testamentsvollstreckung kann beispielsweise sein, den Nachlass unter den Erben zu verteilen. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker auch für einen bestimmten Zeitraum mit der Verwaltung des Nachlasses, beispielsweise bei vermietetem Immobilienvermögen, betrauen. Eine Testamentsvollstreckung bietet sich insbesondere auch dann an, wenn sich ein Unternehmen im Nachlass befindet. Daneben auch, falls etwaige Erben noch minderjährig sind und erst dann frei über die Erbschaft verfügen sollen, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht und/oder eine Ausbildung absolviert haben.
Vorweggenommene Erbfolge
Unter vorweggenommener Erbfolge versteht man die lebzeitige Übertragung von Vermögen oder wesentlichen Teilen hiervon durch einen künftigen Erblasser auf einen oder mehrere als Erben in Aussicht genommene Empfänger. Die vorweggenommene Erbfolge versteht sich insbesondere als Generationennachfolge. Sie ist durch die Weitergabe von Familienvermögen an die Kinder gekennzeichnet. Diese sollen in die Vermögenswerte der Übertragenden, also in der Regel der Eltern bzw. sonstiger Verwandter oder Dritter, eintreten. Hierdurch kann beispielsweise dem Übernehmenden die Sicherheit gegeben werden, den übertragenen Vermögensgegenstand behalten zu dürfen, obwohl noch weitere potentielle Nachfolger vorhanden sind. Im Gegenzug ist es beispielsweise möglich, dass der Übernehmende die Versorgung bzw. Pflege der übertragenden Eltern oder Dritter sicherstellt. Bei der Übertragung eines bebauten Grundstückes ist es zudem möglich, dass sich der Übertragende ein lebenslanges Wohn-, Wohnungs- oder Nießbrauchrecht an dem Grundstück einräumen lässt.
Das Wesen der vorweggenommenen Erbfolge als gegenseitiger Vertrag ermöglicht es, dass sich unterschiedliche Generationen gegenseitig und besitzübergreifend bei der Unterhaltung und Entwicklung des Familienvermögens unterstützen können. Besonderer Fokus liegt hierbei auf den steuerlichen Auswirkungen einer Übertragung und/oder darauf, sicher zu gehen, dass ein konkreter Vermögensgegenstand einer bestimmte Person unter eventuellem Ausschluss anderer zukommt.
Steuern
Unabhängig davon, ob nun Ihr Vermögen durch den Erbfall auf andere übergeht oder im Rahmen vorweggenommener Erbfolge übertragen wird, interessiert sich insbesondere auch der Staat für den Übergang des Vermögens und erhebt Erbschaft- und Schenkungsteuer. Hier bietet sich die Möglichkeit, regelmäßig sogenannte Steuerfreibeträge auszunutzen.
Für den Fall, dass der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre bereits Vermögen auf die bedachte Person übertragen hat, werden die Vermögenswerte addiert und steuerlich wie ein einziger Erwerb behandelt. Dies bedeutet, dass nach Ablauf des “Zehn-Jahres-Zeitraums” erneut die Freibeträge ausgenutzt werden können, was für eine sehr frühzeitige Übertragung von Vermögenswerten, insbesondere von Grundvermögen, spricht.