Verschmelzung einer GmbH auf ihren Gesellschafter und Gläubiger

Die Verschmelzung einer GmbH auf ihren Gesellschafter, der seiner GmbH in deren Krise Darlehen gewährt hat, führt beim Gesellschafter nicht zu einem Übernahmefolgegewinn aufgrund der Auflösung der Darlehensverbindlichkeiten bei der GmbH. Denn der Gewinnerhöhung infolge der Auflösung der Darlehensverbindlichkeiten steht ein gleich hoher Verlust des Gesellschafters durch Ausbuchung seiner Darlehensforderungen gegenüber.

Hintergrund

Bei einer Verschmelzung einer GmbH auf ihren Gesellschafter geht das Vermögen der GmbH auf den Gesellschafter über. Hatte der Gesellschafter eine Forderung gegen die GmbH, gehen die Forderung des Gesellschafters und die entsprechende Verbindlichkeit der GmbH durch Vereinigung (sog. Konfusion) zivilrechtlich unter. Die Ausbuchung einer (betrieblichen) Verbindlichkeit führt grundsätzlich zu einer Gewinnerhöhung.

Sachverhalt

Der Kläger war mit 99 % als Gesellschafter an einer GmbH beteiligt, die 1996 gegründet wurde. Der GmbH ging es in der Folgezeit finanziell schlecht, und sie war bilanziell überschuldet und nicht mehr kreditwürdig. Der Kläger gab der GmbH in dieser Phase mehrere Darlehen und versah diese mit einem Rangrücktritt. Im Jahr 2008 wurde die GmbH rückwirkend zum 31.12.2007 auf den Kläger verschmolzen. Die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Kläger waren in der Bilanz der GmbH zum 31.12.2007 mit ca. 125.000 € passiviert.
Das Finanzamt nahm eine Gewinnerhöhung in Höhe von 125.000 € an, weil die Darlehensverbindlichkeiten infolge der Verschmelzung auf den Kläger durch Konfusion untergegangen waren. Für diese Gewinnerhöhung bildete das Finanzamt eine Rücklage und löste diese in den Jahren 2008 bis 2010 jeweils in Höhe eines Drittels auf (ca. 41.500 € jährlich).

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt, so dass es in den Jahren 2008 bis 2010 nicht zu jährlichen Gewinnerhöhungen von ca. 41.500 € kam:

  • Aufgrund der Verschmelzung der GmbH auf den Kläger wurde der Betrieb der GmbH nunmehr als Einzelunternehmen des Klägers fortgeführt. Die Anteile des Klägers an der GmbH wurden in das Betriebsvermögen des Klägers kraft Gesetzes eingelegt. Dies gilt auch für seine Darlehensforderungen gegen die GmbH. Ohne eine solche Einlage der Forderung würde es ansonsten stets zu einem Gewinn in Folge der Auflösung der Verbindlichkeit der GmbH kommen; denn die Verbindlichkeit der GmbH geht infolge der Konfusion mit der Forderung unter.
  • Der Gewinn aus der Ausbuchung der Verbindlichkeiten kann mit dem Verlust aus der Ausbuchung der in das Betriebsvermögen eingelegten Forderungen ausgeglichen werden. Der Wert der Forderungen entspricht dem Nennwert, nämlich den Anschaffungskosten. Zwar hat eine Einlage nach dem Gesetz grundsätzlich mit dem Teilwert zu erfolgen; dies gilt aber nicht bei Forderungen gegen eine GmbH, an der der Gesellschafter wesentlich, d.h. mit mindestens 1 % beteiligt ist, und deren Ausfall steuerlich ohne Einlage zu berücksichtigen wäre, weil sie eigenkapitalersetzend waren.
  • Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt. Der Kläger hat die Darlehen in der Krise der GmbH gewährt, so dass die Darlehen eigenkapitalersetzend waren. Der Ausfall derartiger Krisenforderungen wäre im Fall eines Verkaufs der GmbH-Beteiligung oder der Liquidation der GmbH steuerlich zu berücksichtigen gewesen. Damit dies nicht durch eine Einlage verhindert wird, erfolgt die Einlage mit dem Nennwert der Forderungen. Im Ergebnis gleichen sich also Ausbuchung der Forderungen und Ausbuchung der Verbindlichkeiten aus. Damit entstand kein Gewinn, der durch eine Rücklage kompensiert werden konnte, die in den Folgejahren gewinnerhöhend aufzulösen war.

Hinweise

Seit einer Rechtsprechungsänderung im Jahr 2017 wird der Ausfall von Darlehensforderungen eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt. Dies gilt allerdings nicht für Darlehen, die nach dem Gesellschaftsrecht noch als eigenkapitalersetzend behandelt werden konnten. Die Darlehen des Streitfalls wurden lange vor dem 1.11.2008, dem Tag, an dem das Eigenkapitalersatzrecht abgeschafft wurde, gewährt und sind daher nicht von der Rechtsprechungsänderung betroffen.

Der BFH ließ offen, ob ein etwaiger Übernahmefolgegewinn nicht bereits im Jahr 2007 entstanden ist, dem Jahr, in dem die Verschmelzung steuerlich wirksam werden sollte. Hierauf kam es nicht an, weil der Gewinn bereits dem Grunde nach nicht entstanden war.

BFH, Urteil v. 9.4.2019 – X R 23/16

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