Umzug der Familie ist kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Kita-Betreuungsvertrages

Kindertagesbetreuung (Kita)
04.08.2023

Die Rechtsprechung der Instanzgerichte der Stadt Hamburg beurteilt den Wohnortwechsel der Familie nicht als einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung des Kita-Betreuungsvertrages.

Den Sorgeberechtigten kann die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit ihrer Verpflichtung, die Betreuungskosten bis zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist zu zahlen, vor dem Hintergrund zugemutet werden, dass der Wohnortwechsel ausschließlich aus der alleinigen Interessens- und Risikosphäre der Familie resultiert.

Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hat in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2019 (Aktenzeichen: 533 C 37/19) die sorgeberechtigten Eltern zur Zahlung der vertraglich geschuldeten Betreuungskosten verurteilt und wie folgt ausgeführt:

(…)

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von 3.244,08 € für den Zeitraum vom 1.06.2017 bis 30.08.2018 aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages zur Betreuung eines Sohnes der Beklagten zu. Die Kündigung der Beklagten vom 18.04.2017 beendete den Vertrag erst zum 31.08.2017.

Der von den Beklagten vorgetragene und vom Gericht als wahr unterstellte berufliche Wechsel des Beklagten zu 2) stellt keinen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Kündigung sich auf ein pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragspartners stützt. Ein wichtiger Grund kann sich auch aus einem Umstand ergeben, der im Risikobereich des Kündigungsgegners liegt. Ein solcher Grund ist jedoch nicht gegeben. Der berufliche Wechsel des Beklagten zu 2. und der daraus resultierende Umzug beruht allein auf der Entscheidung der Beklagten und liegt ausschließlich in ihrem Risikobereich. Den Beklagten ist daher die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

(…)

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat in seinen Entscheidungen vom 15. Juli 2021 (Aktenzeichen: 910 C 72/21) den einen sorgeberechtigten Elternteil zur Zahlung der vertraglich geschuldeten Betreuungskosten verurteilt und wie folgt ausgeführt:

"(…)

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung des tenorierten Betrages gegen den Beklagten – als Gesamtschuldnerin neben der Mutter des Kindes - für den Zeitraum vom 13. November 2017 bis zum 28. Februar 2018 gemäß § 1 Ziffer 5 des Betreuungsvertrages i.V.m. der jeweils gültigen Entgelttabelle.

Die Beendigung des Vertrages über die Betreuung des Kindes des Beklagten ist durch die Klägerin zutreffend zum 28. Februar 2018 bestätigt worden.

(…)

2.

Der Betreuungsvertrag ist durch die Kündigung des Beklagten und der Mutter des Kindes nicht fristlos beendet worden. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung hat nicht vorgelegen. Der Wohnortwechsel der Familie rechtfertigt keine fristlose Kündigung. Dieser stammt aus der alleinigen Interessensphäre der Familie. Dem Beklagten und der Mutter des Kindes ist daher die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

(…)

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat in seinen Entscheidungen vom 15. Juli 2021 (Aktenzeichen: 910 C 26/21) den anderen sorgeberechtigten Elternteil zur Zahlung der vertraglich geschuldeten Betreuungskosten verurteilt und wie folgt ausgeführt:

(…)

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung des tenorierten Betrages gegen die Beklagten – als Gesamtschuldnerin neben dem Vater des Kindes - für den Zeitraum vom 13. November 2017 bis zum 28. Februar 2018 gemäß § 1 Ziffer 5 des Betreuungsvertrages i.V.m. der jeweils gültigen Entgelttabelle.

Die Beendigung des Vertrages über die Betreuung des Kindes der Beklagten ist durch die Klägerin zutreffend zum 28. Februar 2018 bestätigt worden.

(…)

2.

Der Betreuungsvertrag ist durch die Kündigung der Beklagten und des Vaters des Kindes nicht fristlos beendet worden. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung hat nicht vorgelegen. Der Wohnortwechsel der Familie rechtfertigt keine fristlose Kündigung. Dieser stammt aus der alleinigen Interessensphäre der Familie. Der Beklagten und dem Vater des Kindes ist daher die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

(…)

Die Rechtsprechung der Amtsgerichte ist innerhalb der Berufungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg bestätigt worden.

Die Berufung des Vaters hat das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 13. Januar 2022 (Aktenzeichen: 305 S 52/21) zurückgewiesen und zur Begründung wie folgt wie folgt ausgeführt:

(…)

Wie das Amtsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, liegen auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vor. Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine (fristlose) Vertragsbeendigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB aus: Der Wohnortwechsel stammt allein aus der Risiko- und Interessensphäre des Beklagten bzw. seiner Familie. Dem Beklagten war daher die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

(…)

Die Berufung der Mutter hat das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 17. Januar 2022 (Aktenzeichen: 317 S 19/21) zurückgewiesen und zur Begründung wie folgt wie folgt ausgeführt:

(…)

2) Schließlich ist das Amtsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung noch eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB vorlagen. Ein Wohnortwechsel stammt allein aus der Risiko- und Interessensphäre der Beklagten. Ihr war die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

(…)

Wir unterstützen Sie gerne bei der Durchsetzung ihrer vertraglichen Ansprüche und stehen Ihnen mit unserer vertragsrechtlichen Expertise zur Verfügung.

Haftungsausschluss

Der Inhalt dieses Blogbeitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Vor dem Hintergrund der Komplexität und des ständigen Wandels der Rechtsmaterie schließen wir die Haftung und Gewähr für den Inhalt dieses Blogbeitrages aus. Dieser Blogbeitrag ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt und/oder Steuerberater.

Kontaktformular für unverbindliche Mandatsanfragen

Ich habe die Datenschutzinformationen zur Kenntnis genommen. Ich stimme zu, dass meine Angaben ausschließlich für die Kontaktaufnahme und für Rückfragen gespeichert werden.

Schreiben Sie unsTermin vereinbaren040 / 37 68 04 0Zum Seitenanfang