Aufforderung eines Außenprüfers zur Überlassung aller Daten rechtswidrig

19.10.2021

Die Aufforderung eines Außenprüfers an einen Unternehmer, der Berufsgeheimnisträger ist (Anwalt) und seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, „einen Datenträger nach GDPdU“ (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) zu überlassen, ist rechtswidrig. Denn zum einen ist die Aufforderung nicht auf die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen beschränkt, sondern umfasst alle Daten. Zum anderen ist die Aufforderung unverhältnismäßig, wenn der Prüfer zu erkennen gibt, dass er die Daten auch außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers und der Diensträume des Finanzamts auf seinem dienstlichen Laptop auswerten wird.

Hintergrund

Das Finanzamt führt in der Regel eine digitale Außenprüfung durch, wenn der Steuerpflichtige die Buchführung elektronisch erstellt. Der Prüfer fordert dann die Buchführungsdaten auf einem Datenträger an, um sie unter Zuhilfenahme von Prüfungsprogrammen auszuwerten.

Sachverhalt

Die Klägerin war eine Partnerschaftsgesellschaft auf dem Gebiet der Rechtsberatung, die ihre Buchführung elektronisch erstellte. Das Finanzamt ordnete bei ihr eine Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2014 an. Zugleich forderte der Prüfer die „Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU“ (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) an. Gegen diese Aufforderung legte die Klägerin Einspruch ein und erhob anschließend Klage.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die Aufforderung war bereits deshalb rechtswidrig, weil sie nicht auf die Überlassung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten beschränkt war, sondern die Überlassung aller Daten verlangte. Die Formulierung „Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU“ konnte die Klägerin nur so verstehen, dass der Prüfer einen unbegrenzten Zugriff auf die Daten anstrebte. Bei einer Einnahmen-Überschussrechnung ist der Unternehmer aber nur im beschränkten Umfang aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtig, z.B. hinsichtlich der nicht abziehbaren Betriebsausgaben, bezüglich der Anschaffungskosten der nicht abziehbaren Wirtschaftsgüter sowie der Entgelte. Die Aufforderung des Prüfers ging über diese Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht hinaus.
  • Außerdem war die Aufforderung unverhältnismäßig. Denn der Prüfer beabsichtigte, auch außerhalb der Geschäftsräume der Klägerin und der Diensträume des Finanzamts auf die Daten zugreifen und diese auswerten zu können, z.B. auf dem Dienst-Laptop des Prüfers. Insoweit besteht die Gefahr, dass Dritte auf die Mandantendaten unberechtigt zugreifen können, z.B. bei einem Verlust oder Diebstahl des Laptops. Die Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers hätte daher beschränkt werden müssen, indem ein Zugriff und eine Auswertung der Daten ohne Zustimmung der Klägerin nur in den Geschäftsräumen der Klägerin und den Diensträumen des Finanzamts erfolgen darf.

Hinweise

Die Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers kann ebenso wie die Prüfungsanordnung mit dem Einspruch angefochten werden.

Der Fall weist zwei Besonderheiten auf: Zum einen war die Klägerin Berufsgeheimnisträgerin und speicherte daher auch Daten, die dem Berufsgeheimnis unterliegen. Zum anderen bilanzierte die Klägerin nicht, sondern ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Der BFH hat bei einem bilanzierenden Unternehmer, der kein Berufsgeheimnisträger ist, hinsichtlich des Orts der Datenauswertung aber bereits 2014 ebenso unterschieden. Ob die aktuelle Entscheidung jedoch bezüglich des ersten Punktes (Umfang der Datenüberlassung) ebenso bei einem bilanzierenden Unternehmer, der kein Berufsgeheimnisträger ist, getroffen worden wäre, ist nicht sicher. Hier ist für die Praxis empfehlenswert, im Zweifel die Aufforderung anzufechten, wenn diese nicht ausdrücklich auf die Vorlage von Daten, die aufzeichnungspflichtig und aufbewahrungspflichtig sind, beschränkt ist.

BFH, Urteil v. 7.6.2021 – VIII R 24/18

Haftungsausschluss

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