Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks

27.04.2023

Mit Urteil vom 22. Oktober 2019, AZ.: X ZR 48/17, hatte sich der BGH zunächst mit der Frage zu befassen, ob Grundstücksüberlassungsverträge, die im Erbfall sowohl eine Ausgleichszahlung an die übrigen Geschwister des Beschenkten vorsehen, als auch mit Nießbrauch- und Wohnungsrechten belastet sind, Schenkungen darstellen, und weiter, welche objektiven und subjektiven Voraussetzungen einem wirksamen Schenkungswiderruf zugrunde liegen.

Eine (gemischte) Schenkung liege nach der Rechtsprechung vor, wenn die Leistung des Schenkers den Wert der versprochenen Gegenleistungen objektiv überwiege und die Parteien sich darüber einigen, dass die Wertdifferenz unentgeltlich zugewendet werden solle. Bestehe zwischen dem Wert der Leistung und dem Wert der Gegenleistung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz, begründe dies die Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien. Soweit der Beschenkte im Erbfall eine Ausgleichszahlung, welche im zu entscheidenden Fall ca. 1/4 des Wertes des Grundbesitzes ausmachte, an seine übrigen Geschwister zu zahlen hatte, handele es sich um eine gemischte Schenkung. Der Anspruch sei bei Widerruf einer gemischten Schenkung in der Regel nur dann auf Rückübertragung des überlassenen Gegenstandes gerichtet, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Wertes des Geschenkes betrage.

Die Einräumung solcher Rechte wie etwa ein Nießbrauch- oder ein Wohnungsrecht an einem unentgeltlich übertragenen Grundstück stelle keine Leistung des Beschenkten dar und führe lediglich dazu, dass der Grundstückswert von vornherein geringer anzusetzen sei.

Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nach § 531 Absatz 1 BGB erfordere, so der BGH, grundsätzlich keine umfassende rechtliche Begründung des Widerrufs. Die Widerrufserklärung müsse den zugrundeliegenden Sachverhalt lediglich so weit darstellen, dass der Beschenkte ihn von anderen (möglichen) Geschehnissen unterscheiden und die Einhaltung der Jahresfrist nach § 532 Satz 1 Variante 2 BGB beurteilen könne.

Der Widerruf einer Schenkung setzte nach § 530 BGB objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus müsse die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer tadelnswerten Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maß die Dankbarkeit vermissen lasse, die der Schenker erwarten könne. Dies sei anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei zu prüfen sei, ob und inwieweit erkennbar werde, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringe, die der Schenker erwarten dürfe. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten könne, können das Motiv, die Art und der Umfang der Schenkung sein, die der Art und dem Anlass der Verfehlung gegenüberzustellen seien. Besondere Bedeutung könne ferner der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zukommen, vor allem dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten gegenüber dem Schenker geprägt sei.

Die Prüfung der subjektiven Seite setze auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür könne auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt habe oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstelle. Anhaltspunkte für ein im Wesentlichen affektbedingtes Handeln können sich wiederum aus dem unmittelbar vorangegangenen Verhalten des Schenkers ergeben.

Ob die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks vorliegen, ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen und durch eine Gesamtabwägung aller Umstände zu ermitteln.

BGH, Urteil vom 22. Oktober 2019, AZ.: X ZR 48/17

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